Lösungen zur Wohnraumschaffung wurden bei der 5. nordwesrdeutschen Immobiliennacht intensiv diskutiert.
Bedarfsgerecht, bezahlbar, beständig – die Ansprüche an Wohnräume steigen zunehmend und die Herausforderungen für die Branche wachsen gleich mit ihnen. Wie effiziente und nachhaltige Wohnraumschaffung gelingen kann, war Gegenstand der 5. nordwestdeutschen Immobiliennacht, die der BFW Niedersachsen/Bremen e.V. am 27. Oktober im Bremer Parkhotel veranstaltete. Rund 180 Gäste folgten der Einladung und beteiligten sich an der Diskussion.
Bild: Niklas Krug
„Wir möchten bauen! Und praxiserprobte Rezepte liegen vor.“ Mit diesen Worten leitete Dirk Streicher, der an diesem Abend das Amt als Vorstandsvorsitzender des Landesverbands übernommen hatte, inhaltlich in die Veranstaltung ein. Dass diese Aussage sich im Verlauf des Abends mehr als bewahrheitete, zeigten neben den Impulsvorträgen auch die in der Talkrunde vorgestellten Lösungsansätze und Ideen. „Hohe Beschäftigungsquoten, vorhandenes Eigenkapital und gute Finanzierungsbedingungen: Die Zeiten, um zu bauen, sind hervorragend. Aber wir müssen mit einem Reihenhaus oder einer Eigentumswohnung auch nicht bis zum Mars fliegen können“, betonte Streicher und zielte damit auf die sich stetig verschärfenden technischen Anforderungen an Immobilien ab. „Jede Wohnung wird den Markt entspannen – egal ob frei finanziert oder gefördert – also lassen Sie uns bauen. Fordern und fördern auf beiden Seiten lautet dabei der Grundsatz“, hob der Immobilienexperte hervor und richtete diesen Appell sowohl an die Branche als auch an die Politik.
Bedarfsgerecht heißt zielgruppenorientiert
Den Aspekt der bedarfsgerechten Wohnraumschaffung beleuchtete Diplom-Geograph Thomas Abraham, wissenschaftlicher Mitarbeiter der empirica AG. Anhand der von der NBank veröffentlichten Bevölkerungsprognose zeigte er auf, dass Niedersachsen bis 2035 voraussichtlich schrumpfen wird. Dabei wird die Entwicklung unterschiedlich sein: Während die Regionen Hannover, Braunschweig, Wolfsburg und Osnabrück und die niedersächsischen Speckgürtel um Hamburg und Bremen wachsen, verliert der ländliche Raum Einwohner – mit Ausnahme des westlichen Niedersachsens. Auf die Frage, was Kommunen und Wohnungsmarktakteure tun können, um dieser Entwicklung entgegenzusteuern, hob Abraham hervor, sich an den Bedürfnissen der Zielgruppen zu orientieren. Ob jüngere Generationen, Familien oder Ältere – die zu entwickelnden Angebote müssten in Anlehnung an eben diese Wohnpräferenzen entwickelt werden. Um für die Zukunft nutzerorientierte Wohnräume zu schaffen, ist die Betrachtung immer ein Zusammenspiel aus Standort, das heißt dem Wohnumfeld, sowie dem Gebäude beziehungsweise der Wohnung.
Der Irrsinn kommunaler Kostentreiber
Ob Baurechtschaffung, Stellplatzsatzungen oder ökologischer Ausgleich – Wie kommunale Auflagen die Baukosten in die Höhe treiben können, zeigte eindrucksvoll Dr. Heike Piasecki, Prokuristin und Niederlassungsleiterin der bulwiengesa AG in München. Dafür zog die Wirtschafts- und Sozialgeographin die Ergebnisse einer Studie aus Bayern heran, in der explizit Kostentreiber mit direktem Bezug zu den Vorgaben von Bund, Ländern und Kommunen anhand von 43 Wohnprojekten untersucht wurden. Dass die genannten Fallbeispiele leider keine bayerische Eigenart, sondern auch in Niedersachsen und Bremen anzutreffen sind, zeigten die Reaktionen der Zuhörer, die nickend und in Teilen seufzend den Ausführungen der Referentin zustimmten. Doch keineswegs ging es darum, nur den Blick auf die gesetzlichen Vorgaben zu richten und diese anzumahnen. Auch die Wohnungswirtschaft ist gefordert, Behörden und Kommunen durch Verlässlichkeit zu unterstützen. Ziel der Studie und letztlich auch des Vortrags war es, ein beiderseitiges Verständnis zum Thema kommunale Forderungen und Kostensteigerung in der Wohnungswirtschaft zu erarbeiten und dafür alle Seiten zu sensibilisieren. Die Lösung zur Bewältigung der Herausforderungen liegt laut Dr. Piasecki im kooperativen Miteinander.
Serielles Bauen als Geheimwaffe?
Nicht nur zielgruppengerecht und bezahlbar, auch der Anspruch an Nachhaltigkeit wird an Wohnimmobilien gestellt. Doch kann Wohnraum schnell, effizient und dazu noch langlebig realisiert werden? Und ist die serielle und modulare Bauweise der Schlüssel für beständige Wohnimmobilien? Diesen Fragen widmete sich Dr. Ronald Rast, Geschäftsführer der Deutschen Gesellschaft für Mauerwerks- und Wohnungsbau, im dritten Impulsvortrag. Mit seinem kurzen Rückblick auf die Entwicklung des deutschen Wohnungsbaus seit den 1970er Jahren zeigte sich, dass sich das modulare Bauen in der Praxis bereits vielfach bewährt hat. Sieben Impulse gab Dr. Rast in seinem Vortrag den Zuhörern mit auf den Weg. Am Ende wurde deutlich, dass das serielle Bauen insbesondere im niedrigen und mittleren Preissegment viele Vorteile bietet. So verwies der Diplom-Ingenieur beispielsweise auf die eintretenden Skaleneffekte: „Wer schon einmal Ikea Schränke zusammengebaut hat, der weiß, welche Steigerung zwischen der ersten und vierten Schublade liegen.“ Schmunzelnd pflichtete das Publikum bei. Und den klassischen Einwänden, dass serielles Bauen eine gewisse Monotonie im Stadtbild hervorrufe, begegnete Dr. Rast mit verschiedenen Praxisbeispielen, die durch individuelle Nuancen architektonisch ansprechend gelöst wurden.
Talkrunde – Kooperation als Gelingen eines gemeinsamen Zieles
„Heute schon für morgen bauen“ lautete der Titel der einstündigen Talkrunde. Neben den Impulsrednern nahmen als Vertreter der Wohnungswirtschaft Dirk Streicher, Vorstandsvorsitzender der Delta Bau AG und Sven-Thomas Munte, Geschäftsführer der Munte Immobilien GmbH & Co. KG, teil. Der Austausch war rege, die Themen vielfältig und es wurden konstruktive Lösungsansätze vorgeschlagen und diskutiert. Von Landflucht über Antragsdschungel und bürokratische Hürden bis hin zur Digitalisierung der Bauwirtschaft erstreckte sich die Diskussion. Zum Ende der Talkrunde wurde eines deutlich: Die Wohnungswirtschaft kann preiswert und auch nachhaltig bauen. Um den dringend erforderlichen Wohnraum zu schaffen, braucht es Planungssicherheit. Und diese kann nur erreicht werden, wenn alle Stakeholder gemeinsam an den Lösungen arbeiten und Ideen einbringen. Zusammenarbeit und Dialog sind wesentliche Schlüssel für erfolgreiche Wohnraumschaffung, wie Moderator und Immobilienjournalist Friedhelm Feldhaus die Talkrunde zusammenfasste.
Für den BFW Niedersachsen/Bremen sind die aufgeführten Beispiele und Ideen, aber auch die noch einmal deutlich gemachten Hindernisse bei der Wohnraumschaffung, wertvolle Ergebnisse für die weitere Verbandsarbeit. Der Landesverband wird die verschiedenen Anregungen und Aspekte in Kürze in einem Arbeitspapier aufarbeiten und als Grundlage für die weitere Zusammenarbeit mit Politik und Verwaltung, aber auch mit den eigenen Mitgliedern, nutzen.
Erst aktiv, dann kommunikativ
Nach Information und Diskussion trat Comedy-Jongleur Joram Seewi in Aktion, der den fachlichen Abend mit seiner Immo-Business-Jonglage auflockerte. Dabei stellte er sein Können eindrucksvoll unter Beweis und erheiterte das Publikum. Nicht nur mit Bällen, Kegeln und sogar Bowling-Kugeln, auch mit branchenspezifischen Fachbegriffen, die thematisch an den Abend angelehnt waren, jonglierte er auf der Bühne. Mit musikalischer Begleitung des André-Rabini-Sextetts nutzen die Gäste im Anschluss die Gelegenheit zum Netzwerken und weiteren Austausch mit Branchenkollegen bis spät in die Nacht.