8. nordwestdeutsche Immobiliennacht des BFW Niedersachsen/Bremen e.V.
Kosten senken, Bauland bereitstellen und Vorschriften abbauen – die Stellschrauben für die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum waren bei der 8. nordwestdeutschen Immobiliennacht schnell identifiziert. Dass das Thema Wohnraumschaffung derzeit die Branche dominiert, zeigten die über 200 Teilnehmer, die der Einladung des BFW Niedersachsen/Bremen im November ins Parkhotel Bremen gefolgt waren.
Die Nachfrage an Wohnraum ist insbesondere in Ballungsgebieten ungebrochen hoch. Dieser nachzukommen, lässt die Branche derzeit jedoch an ihre Grenzen stoßen. „Wir haben kein Erkenntnis-, sondern ein Umsetzungsproblem“, mit diesen Worten eröffnete Dirk Streicher, Vorstandsvorsitzender des BFW Niedersachsen/Bremen, die Veranstaltung. Um Wohnraum schneller realisieren zu können, forderte er: „Wir müssen die Baugesetze entrümpeln, damit die Zeiten von der Planung bis zur Fertigstellung deutlich verkürzt werden.“ Dazu sprach er sich unter anderem auch für die Einführung einer Musterbauordnung aus. Des Weiteren mahnte er vor Diskussionen rund um Enteignung und die Einführung eines Mietendeckels, die eine vermieterfeindliche Entwicklung abzeichnen. „Nur Neubau und Innentwicklung führen zur Marktentspannung. Denn wo genug gebaut wird, also ausreichend Angebot zur Verfügung steht, sinkt auch der Preis.“
Auch in der Politik steht der Wohnungsbau ganz oben auf der Agenda. Bremens Senatsbaudirektorin Professor Dr. Iris Reuther erläuterte die zukünftigen Schwerpunkte der Bremer Wohnungspolitik, wonach in der kommenden Legislaturperiode 10.000 neue Wohnungen geschaffen und weitere Flächen sowie Baulücken erschlossen werden sollen. Mit einem Ausblick auf den „Stadtentwicklungsplan Wohnen“ führte sie an, dass der Wohnungsbau ein Gemeinschaftswerk bleibe und sie sich auf die konstruktive Zusammenarbeit freue.
Stefanie Nöthel, Abteilungsleiterin Städtebau und Wohnen beim niedersächsischen Ministerium für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz stellte indes die Ergebnisse vom „Bündnis für bezahlbares Wohnen in Niedersachsen“ vor. Neben der Bereitstellung von 400 Millionen Euro zusätzlich zu den Fördermitteln des Bundes sollen Kommunen zukünftig eine Baulandreserve aufbauen, um dem Bedarf von weiteren rund 144.000 Wohneinheiten bis 2025 nachzukommen.
Kostentreiber öffentliche Vorgaben?!
Mit der Frage, inwieweit Vorschriften und Regulierungen die Baukosten anheben, beschäftigt sich Dietmar Walberg, Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen. „Seit 2000 hat sich die Zahl an Gesetzen und Normen vervierfacht. Von Klimaschutz bis Barrierefreiheit – alle Einzelmaßnahmen haben ihre Berechtigung, führen aber in der Summe zu erheblichen Kostensteigerungen. Beispiel Hamburg: Bei durchschnittlichen Herstellkosten von 3.200 Euro muss der Mietpreis einer freifinanzierten Wohnung zehn Euro pro Quadratmeter betragen.“ Demzufolge warnte der Experte vor weiteren Standardanhebungen, da die Grenzen der Finanzierbarkeit von bezahlbarem Wohnraum erreicht seien.
Kostensenkung durch Eigeninitiative
Konfrontiert mit den angespannten Markt- und Rahmenbedingungen stellte Martin Dornieden, Geschäftsführer der Dornieden Unternehmensgruppe, konkrete Lösungen zur Baukostensenkung vor. Durch viele kleine Einsparungen sowie standardisiertes Bauen mit hohen Wiederholungsraten erzielt der Unternehmer sowohl im Einfamilienhaus- sowie Geschosswohnungsbau nennenswerte Einsparungen, die bezahlbaren Wohnraum möglich machen. Dennoch richtete er sich mit direkten Forderungen und zugleich Vorschlägen an die Politik: „Steuern machen 19 Prozent an den Gesamtkosten aus. Mit Modellen wie beispielsweise dem Steuerverzicht bei geförderten Wohnungen, könnten diese um ein Fünftel gesenkt werden. Ebenso müssen Bebauungspläne stärker mit Blick auf die Baukosten entwickelt werden. Eine Deckelung bei der Geschossigkeit auf zwei oder zweieinhalb Geschosse ist nicht zielführend und verteuert den Geschosswohnungsbau.“
„Wie wohnt Deutschland?“
Überraschende Erkenntnisse brachte der Blick auf die vom BFW in Auftrag gegebene, repräsentative Umfrage „Wie wohnt Deutschland?“. Felix Flemming vom unabhängigen Meinungsforschungsinstitut forsa führte an: „Gerade in Ballungsräumen sind die Mieterinnen und Mieter zwar insgesamt zufrieden mit ihrer Wohnungssituation, aber gleichermaßen auch verunsichert, dass sich schlichtweg wenig tut, um das Problem zu lösen. Die ständigen Berichte darüber, dass neue Wohnungen nicht gebaut oder später fertig werden, tragen dazu bei. Hinzu kommt, dass gerade das Thema Wohnungsnot und steigende Mieten medial sehr gut inszenierbar ist und teilweise auch überspitzt dargestellt und vermittelt wird, sodass das über die Medien vermittelte Bild vom Wohnungsmarkt mit der Realität nicht immer übereinstimmt.“
Talkrunde bringt Einigkeit
Unter Moderation von Marion Hoppen, Pressesprecherin beim BFW Bundesverband, folgte ein Austausch der Argumente. Zu der Frage, ob bezahlbarer Wohnraum unter den aktuellen Bedingungen überhaupt möglich sei, gab Olaf Mosel, Geschäftsführer der Bremer M Projekt GmbH & Co. KG, zu bedenken: „Die Politik muss sich fragen: Steht das ursächliche Problem in Relation zur Maßnahme? Ein Beispiel ist die Änderung der Bauvorlagenverordnung, nach der bei jedem Bauantrag ein Baumbestandsplan inkl. von Teilen benachbarter Grundstücke und Bestimmung der Baumart einzureichen ist. Das löst hohe Kosten für Vermesser und Baumgutachter sowie bei der Kontrolle einen enormen Verwaltungsaufwand aus und schützt im Zweifelsfall nicht vor gewollten oder ungewollten Schäden.“ Das greift, Robert Bücking, Sprecher für Bau und Stadtentwicklung bei Bündnis 90/Die Grünen, auf: „Die neue Bauvorlagenverordnung ist eine Reaktion auf Beispiele, bei denen Grundstücke ohne viel Federlesens abgeräumt wurden. Darauf mussten wir reagieren. Deshalb muss jetzt eben dokumentiert werden. Aber grundsätzlich will ich gerne einräumen: Manchen Maßnahmen liegt ein guter Wille zugrunde, aber leider mit teils schlechter Wirkung. Unsere Aufgabe ist es, praxistaugliche Bestimmungen zu erlassen.“ Des Weiteren erteilte er dem Vorstoß der Bremer Linken, einen Mietendeckel wie in Berlin diskutiert auch in Bremen einzuführen, eine klare Absage.
Am Ende fasste Hoppen zusammen: „Es gibt keine einfachen Antworten, aber Einigkeit besteht darin, dass es nur im gemeinsamen Schulterschluss aller Akteure gelingen kann, die vordringlichen Herausforderungen rund um die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum zu meistern.“
Weitere Eindrücke von der Immobiliennacht finden Sie in der Bildergalerie.
Bildquelle: Niklas Krug